Lesarten

Die Sprache verändern
Sprache und LebensPraxis sind unmittelbar aneinander geknüpft: Jedes Wort und jede Vorstellung bedingt, welche Beziehung wir zur Welt haben, wie wir diese erfahren und wie wir handeln. Deshalb vermittelt eine andere Sprache andere Maßstäbe und andere Handlungen. Das Leben von Frauen öffentlich zur Sprache zu bringen, einen Diskurs unter Frauen über ihre Erfahrungen, über ihr Begehren und den Sinn des Lebens anzustrengen, der nicht auf Kinder gebären beschränkt ist, ist Wurzel und Triebkraft der Frauenbewegung: «Was der Sprache immer gefehlt hat. war die Möglichkeit des Weiblichen, als Subjekt, in der ersten Person zu sprechen.» Es geht darum, den Sinn des Lebens neu so zu benennen, dass die dafür verwendetet neue sprachliche Ordnung ihren Ursprung in den Bedürfnissen und dem Begehren von Frauen hat.

Andrea Günter, Geschlechterdifferenz denken – eine Einführung, in: Unterschiede, Zeitschrift für Lehrerinnen und Gelehrte, Mütter und Töchter, Gleich- und Weichenstellerinnen, Freundinnen, Tanten und Gouvernanten aller Art, Nr. 12, Januar 1994